Menschen ohne Wohnung

In der Bundesrepublik gibt es nach Schätzungen der Bundesregierung ca. 40 000 Menschen, die ohne jegliche Unterkunft auf der Straße leben und 263 000 die kein festes Obdach haben(Stand 12/2022) Viele dieser Menschen leben und schlafen auch im Winter im Freien und sind damit einer erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigung und der Gefahr des Kältetodes ausgesetzt. Auch in Mainz schlafen täglich mind. 50 Menschen im Freien.

Eine der wichtigsten Erkenntnisse, besteht darin, dass es den "typischen" Wohnungslosen, die "typische" Wohnungslose nicht gibt. Wohnungslose unterscheiden sich in ihren Stärken und Schwächen nicht wesentlich von der Durchschnittsbevölkerung (auch nicht was das Suchtverhalten angeht). Ihre Bedürfnisse, W&ünsche und Sehnsüchte sind denen anderer Menschen gleich.

In den meisten Fällen ist der Wohnungsverlust das letzte Glied einer Kette von krisenauslösenden Ereignissen, wie z.B. Arbeitsplatzverlust, Trennung vom Partner oder der Partnerin, Verlust eines nahestehenden Menschen, Unfall oder Krankheit. Diese Ereignisse stehen in engem Zusammenhang mit den strukturellen Gegebenheiten, wie z.B. der gravierenden Unterversorgung einkommensschwacher Bevölkerungsgruppen mit bezahlbarem Wohnraum, der ungleichen Verteilung von Arbeit und Kapital und der zunehmenden Vereinsamung von Menschen in unserer Gesellschaft.

Wer nicht sofort nach dem Wohnungsverlust wieder eine Wohnung findet,

Auf der Straße erlebt man immer wieder, wie wohnungslose Menschen umherziehen, essen, schlafen, trinken oder ihre Notdurft verrichten. Beim näheren Hinsehen läßt sich dieses zunächst unverständliche und anstößige Verhalten als logisch und dem Elend angepaßt erkennen. Diese Menschen sind u.a. wohnungslos, weil es zu wenig bezahlbaren Wohnraum gibt. Sie sind "haltlos", weil keiner sie hält und manchmal "hilfeunwillig", weil ihnen das Vertrauen fehlt oder weil das, was ihnen als Hilfe angeboten wird, nicht ihrem Wunsch nach einem "Zuhause" oder nach Selbstbestimmung entspricht. Sie sind "bindungsunfähig", weil keiner sich mit ihnen verbunden fühlt. Sie sind "arbeitsscheu", weil Arbeitgeber sie scheuen. Sie sind aufgrund ihrer Lebenssituation und -biografie oft krank, können sich nicht regenerieren und sind deshalb körperlich und psychisch wenig belastbar. Viele haben einen ausgeprägten Wunsch nach Veränderung , zu einem normalen Leben mit Wohnung, Arbeit und Familie.

Wohnungslose sind immer von ihrer Umwelt stigmatisiert worden. Ihr Schicksal wird oft als "selbstverschuldetes Einzelleiden" dargestellt. Immer noch kann man das Vorurteil antreffen, Wohnungslose hätten sich freiwillig oder aus Abenteuerlust auf die Straße begeben. Selten werden Armut, mangelnde soziale Eingebundenheit, Wohnungsnot und Alkoholismus als Probleme erkannt, die Ursachen differenziert erforscht und Hilfe zur Selbsthilfe angeboten. Stattdessen unterliegen Wohnungslose einer fatalen Logik der Ausgrenzung aus dem bürgerlichen Leben. Daher können sie in vielen Fällen ihre sozialen Rechte und ihre Bürger- und Menschenrechte nicht wahrnehmen.

Die alltägliche Gewalt gegenüber Wohnungslosen hat viele Gesichter:

Zunehmend werden Wohnungslose offen oder subtil aus dem Straßenbild der Innenstädte vertrieben. Viele Gewerbetreibende halten die Anwesenheit und den Anblick von Wohnungslosen für geschäftsschädigend und schließen sich zusammen, um Druck auf die politisch Verantwortlichen auszuüben. Menschen fühlen sich in den Städten zunehmend in ihrer Sicherheit bedroht. Um dem abzuhelfen wird von politischer Seite versucht, mit neuen Straßenverordnungen und Repressionen der wachsenden sichtbaren Armutsentwicklung entgegenzuwirken. Immer häufiger werden Plätze und Gehsteige vor Einkaufszentren und Bürogebäuden von privaten Sicherheisdiensten bewacht und Wohnungslose dieser Plätze verwiesen.

Verwaltungsvorschriften, die Sozialhilfemißbrauch verhindern sollen, stellen für manche Wohnungslose eine unüberwindbare Hürde dar, um ihre Rechtsansprüche geltend zu machen. Ein Teil der wohnungslosen Menschen zieht umher, weil Hilfe häufig nur "häppchenweise" gewährt wird. Was ihnen geboten wird sind oftmals Gutscheine und Tagessätze, die darauf angelegt sind, dass sie weiterziehen. Um in einer Obdachlosenunterkunft unterzukommen, müssen häufig formale oder bürokratische Vorleistungen gebracht werden, zu denen manche nicht in der Lage sind.

Die unzureichenden, zeitlich begrenzten Tagesaufenthaltsmöglichkeiten in Tee- und Wärmestuben schüren das Gewaltpotential der Betroffenen untereinander. Diese systematische Vernachlässigung ist es, die Gewaltpotential entstehen läßt und direkte Gewalt hervorruft.

Die Gewaltbereitschaft gegenüber Wohnungslosen hat in den letzten Jahren spürbar zugenommen. Die in der Vergangenheit bekannt gewordenen Tötungsdelikte sind nur die Spitze des Eisberges. Ungezählt bleiben die Fälle von sexueller Gewalt gegen wohnungslose Frauen und die Fälle, in denen Wohnungslose auf das Übelste beschimpft, im Schlafsack zusammengetreten oder bestohlen werden.

Eine der Ursachen für die Zunahme der Gewaltbereitschaft gegenüber Randgruppen liegt darin, dass eine größer werdende Gruppe der Bevölkerung die Realisierung einer befriedigenden Lebensperspektive oder den Erhalt ihrer sozialen Position als gefährdet ansieht. Rechtsextreme finden hier mit ihren Erklärungsmustern und Scheinlösungen guten Nährboden.

Auf diesem Hintergrund ist eine Einrichtung wie die Pfarrer-Landvogt-Hilfe für Menschen ohne Wohnung LEBENS-NOT-WENDIG. Sie bietet wohnungslosen Menschen den nötigen Schutzraum und erlaubt ihnen, wenistens in begrenztem Umfang, eine Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft.